Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

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Auch Unternehmen aus Österreich sind indirekt vom LkSG betroffen

Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz LkSG, verpflichtet Unternehmen in ihren Lieferketten menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Die zu erfüllenden Pflichten sind nach den tatsächlichen Einflussmöglichkeiten abgestuft, je nachdem, ob es sich um den eigenen Geschäftsbereich, einen direkten Vertragspartner oder einen mittelbareren Zulieferer handelt.

Das Gesetz gilt ab dem 1. Januar 2023 für alle Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten. Ab dem 1. Januar 2024 sind Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten betroffen. Die Aufsicht und Kontrolle obliegt dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA (dessen Internetseite als Quelle für diesen Beitrag dient). Deutschland ist damit neben Frankreich (seit 2018) und den Niederlanden (seit 2019) der dritte EU-Mitgliedstaat, der ein nationales Lieferkettengesetz einführt.

Sorgfaltspflichten der Unternehmen

  • Einrichtung eines Risikomanagements und Durchführung einer Risikoanalyse
  • Verabschiedung einer Grundsatzerklärung der unternehmerischen Menschenrechtsstrategie
  • Verankerung von Präventionsmaßnahmen
  • Sofortige Ergreifung von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen
  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
  • Dokumentations- und Berichtspflicht für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten
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Im Hinblick auf den zeitlichen Rahmen für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten, ist zu unterscheiden zwischen Pflichten, die bereits zum 1. Januar 2023 erfüllt sein müssen, sowie Pflichten, mit deren Erfüllung ab Inkrafttreten des Gesetzes erst begonnen werden muss.

Was genau bedeutet „Lieferkette“?

Die Lieferkette im Sinne des Gesetzes bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, angefangen bei der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zu der Lieferung an den Endkunden, und erfasst

  • das Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich,
  • das Handeln eines unmittelbaren Zulieferers (Vertragspartner) und
  • das Handeln eines mittelbaren Zulieferers.

Dazu gehört auch die Inanspruchnahme von notwendigen Dienstleistungen, wie zum Beispiel der Transport oder die Zwischenlagerung von Waren. Österreichische Unternehmen, die Lieferanten deutscher Unternehmen sind, werden vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz indirekt ebenfalls betroffen sein.

Gilt das Gesetz entlang der gesamten Lieferkette?

Ja, neben dem eigenen Geschäftsbereich müssen auch Geschäftsbeziehungen und Produktionsweisen der unmittelbaren Zulieferer in den Blick genommen werden. Liegen einem Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die eine Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht bei mittelbaren Zulieferern möglich erscheinen lassen, so hat es anlassbezogen auch dort tätig zu werden.

Dabei gilt das Prinzip der Angemessenheit: Von Unternehmen wird nur verlangt, was ihnen angesichts ihres individuellen Kontextes − etwa ihrer Größe, der Art ihrer Geschäftstätigkeit oder ihrer Nähe zum Zulieferer − möglich ist. Es wird von Unternehmen nicht verlangt, alle identifizierten menschenrechtlichen Herausforderungen gleichzeitig anzugehen, sondern dass sie sich zunächst auf die wesentlichen Risiken konzentrieren. Sollte es trotz aller (angemessenen) Bemühungen doch zu einer Menschenrechtsverletzung in der Lieferkette kommen, kann das Unternehmen nicht belangt werden.

Einfach gesagt, konzentriert sich das deutsche LkSG insbesondere auf die direkten Lieferanten bzw. Vertragspartner von deutschen Unternehmen. Der Entwurf des EU-Lieferkettengesetzes geht hier deutlich weiter und verlangt Sorgfaltspflichten entlang der gesamten, globalen Lieferkette. Auch Experten rätseln, wie das in der Praxis funktionieren soll und welche Folgen (z. B. das Schließen von Produktionsstätten in Entwicklungsländern) das haben wird.

Was passiert, wenn sich Unternehmen nicht an das Gesetz halten?

Kommen Unternehmen ihren Pflichten zur Risikoanalyse, zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens, zu Präventionsmaßnahmen und zu dem wirksamen Abstellen von bekannten Menschenrechtsverstößen nicht nach, drohen Bußgelder von bis zu 8 Millionen Euro oder bis zu 2 Prozent des Jahresumsatzes. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz.

Ebenso können Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen, ab einem verhängten Bußgeld von einer bestimmten Mindesthöhe innerhalb von bis zu drei Jahren von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Bürokratiemonster

Neben den betroffenen Unternehmen kritisieren auch Ökonomen das deutsche Lieferkettengesetz. „Das Gesetz ist zu einem Bürokraktiemonster geworden, das weder seine Akzeptanz bei den betroffenen Unternehmen fördert, noch viel mit der Grundidee des Gesetzes zu tun hat. Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten müssen sich zurzeit durch einen 400 Fragen umfassenden Katalog des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle durchquälen und sie beantworten“, erklärte der Präsident des Kiel-Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Holger Görg.


Quellen:

Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BAFA, www.bafa.de, abgerufen am 8. Januar 2023

Kiel Institut für Weltwirtschaft ifw, www.ifw-kiel.de, „Das Lieferkettengesetz wird zum Bürokratiemonster“, abgerufen am 8. Januar 2023


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