
Professionelle Investoren legen die Scheu vor der Rüstungs- und Waffenindustrie ab
Der andauernde Ukraine-Konflikt und die Wiederherstellung der europäischen Verteidigungsfähigkeit rücken Investments in die Rüstungs- und Waffenindustrie verstärkt in den Fokus. Bereits Ende 2022 stellte die EU-Kommission fest, dass die Verteidigungsindustrie zur Sicherheit der europäischen Bürger beiträgt und daher Zugang zu Finanzmitteln auch aus dem privaten Sektor haben sollte. Im Frühsommer 2025 keimte die Diskussion auf, ob Investments in die Rüstungs- und Waffenindustrie als nachhaltig gelten können.
Wachsende Attraktivität
Lange Zeit galten Rüstungsaktien als verpönt, nachhaltige Finanzprodukte schlossen sie kategorisch aus. Doch Investitionen in die Verteidigungsindustrie gewinnen durch steigende Kurse, hohe Wachstumsraten und massive Mittelzuflüsse an Attraktivität. Die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management e. V. (DVFA), die Standesorganisation aller Investment Professionals der deutschen Finanz- und Kapitalmärkte, führte dazu unter ihren über 1.400 Mitgliedern eine Befragung durch.
Über 60 % investieren in Rüstung
Befragt nach aktuellen Engagements in Rüstungsaktien, erklärten 37 % der Umfrageteilnehmer, dass sie solche Investments bereits „aktiv und bewusst“ tätigen, 24 % tun dies indirekt über Fonds, ETFs bzw. Indizes. Lediglich 34 % der Befragten stehen dem Rüstungssektor weiterhin kritisch gegenüber, jeweils zur Hälfte (17 %), weil ihnen der „Hype überdreht“ erscheint, oder sie Investments aus Ethik-Gründen ablehnen.
Hält der Boom bei Rüstung an?

Für 43 % der Investment Professionals handelt es sich beim aktuellen Boom der Rüstungswerte um ein strukturell-nachhaltiges Phänomen, das langfristiges Wachstum der jeweiligen Unternehmen sichert. Dass die zugrundeliegenden geopolitischen Entwicklungen unerfreulich sind, bleibt dabei unbenommen. Dagegen sehen genauso viele Teilnehmer (43 %) darin eine gemischte Entwicklung, die von strukturellen Faktoren getrieben und überzogenen Erwartungen getrieben wird. 13 % erklärten die jüngsten Börsenerfolge des Rüstungssektors zum kurzfristigen, zyklischen Hype, der ein hohes Rückschlagpotenzial aufweist.
Ethik spielt untergeordnete Rolle
Recht eindeutig fällt das Urteil zur Bedeutung ethischer Aspekte von Rüstungsinvestments aus. Insgesamt treten sechs von sieben Antwortenden für solche Engagements ein. Mehr als die Hälfte (56 %) findet Investments in Verteidigung explizit richtig, 30 % haben zwar ethische Bedenken, sehen solche Investitionen aber als vertretbar an. Nur 9 % sehen es als „grundsätzlich falsch“ an in Waffenhersteller zu investieren. Jeder Zwanzigste der Befragten enthielt sich hierzu einer klaren Aussage. Bei den vorherrschenden Motiven für Investitionen in Rüstungswerte dominieren Renditechancen und Absicherungseffekte durch sektorale und regionale bzw. geopolitische Diversifikation.
Rüstung wird an Bedeutung gewinnen

Fast sechs von zehn Umfrageteilnehmern (59 %) erwarten, dass die Bedeutung des Sektors weiter zunehmen wird. Ein Viertel sieht sie dagegen auf dem heutigen Niveau stagnieren, und rund jeder Siebte (14 %) rechnet sogar mit einer sinkenden Bedeutung.
„Die Antworten, aber gerade auch die Kommentare der DVFA Investment Professionals zeigen deutlich, dass es seit der ‚Zeitenwende‘ einen grundsätzlichen Stimmungswandel gegeben hat“, fasst Roger Peeters, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DVFA, die Ergebnisse zusammen.
Dieser Beitrag ist erstmals im Börsen-Kurier Nr. 51-52 vom 18. Dezember 2025 erschienen.

