Geldwäsche-Prävention in neuen Kleidern

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Lange ließ sie auf sich warten, aber am 11. Mai 2021 war es soweit: die neue österreichische Nationale Risikoanalyse der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung wurde veröffentlicht. Darüber hinaus hat das Wirtschaftsministerium schon Ende März neue Risikoerhebungsbögen für verpflichtete Gewerbetreibende veröffentlicht. Und in diesen Dokumenten stecken für Gewerbetreibende ein paar Überraschungen.

Gemäß Finanzmarkt-Geldwäschegesetz FM-GwG hat das Finanzministerium zur Ermittlung, zur Bewertung, zum Verständnis und zur Minderung der im Inland bestehenden Risiken der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung ein Koordinierungsgremium einzurichten, welches eine nationale Risikoanalyse zu erstellen und laufend zu aktualisieren hat. Wobei laufend ein dehnbarer Begriff ist. Die letzte (erste) Nationale Risikoanalyse datiert mit April 2015. Im Gegensatz dazu sind Verpflichtete angehalten, ihre Risikobewertung zumindest jährlich zu überprüfen und zu aktualisieren.

Buch_Geldwaesche_ist_noch_immer_kein_KavaliersdeliktÖsterreich ist mit seiner zweiten nationalstaatlichen Risikoanalyse dennoch quasi Vorreiter. Beispielsweise hat Deutschland die allererste Risikoanalyse überhaupt erst im Oktober 2019 veröffentlicht, also viereinhalb Jahre nach Österreich. Während die erste Nationale Risikoanalyse noch 230 Seiten umfasste, begnügt sich die neue mit 139 Seiten. Dies mag daran liegen, dass im Jahr 2015 noch niemand wusste, wie eine nationale Risikoanalyse aussehen soll, sich mittlerweile aber eine mehr oder weniger einheitliche Darstellung etabliert hat.

Zweck der Nationalen Risikoanalyse im Sinne der europäischen Geldwäsche-Richtlinien sind unter anderem die Verbesserung des Systems zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung sowie die Identifikation von Sektoren oder Bereichen mit geringem oder erhöhtem Risiko für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung.

Auch die umgehende Versorgung der Verpflichteten mit angemessenen Informationen, damit diese ihre eigene Bewertung des Risikos der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung leichter vornehmen können stellt einen zentralen Zweck dar. Denn Verpflichtete, Gewerbetreibende ebenso wie Banken und Versicherungen, müssen beim Erstellen der eigenen Risikoanalyse auf Unternehmensebene unter anderem die Ergebnisse der Nationalen Risikoanalyse berücksichtigen. Einen Blick hinein zu werfen, ist also unverzichtbar.

Vortaten zur Geldwäscherei

Geldwäscherei ist ein so genanntes Anschlussdelikt, das heißt ohne relevante Vortat kann es nicht zur Geldwäsche kommen. Als häufigste Delikte im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Geldwäscherei nennt die Nationale Risikoanalyse (Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2020):

  • Schwerer Betrug: 49 Fälle
  • Gewerbsmäßiger Betrug: 26 Fälle
  • Suchtmitteldelikte: 22 Fälle
  • Betrügerischer Datenverarbeitungsmissbrauch: 7 Fälle
  • Kriminelle Vereinigung/Organisation: 4 Fälle
  • Erpressung: 2 Fälle
  • Menschenhandel: 1 Fall

Diese Fallzahlen beziehen sich auf Fälle, in denen ermittelt wurde und nicht zwingend auch verurteilt. Einige dieser Straftaten haben letztendlich die Bedingungen für eine relevante Vortat im Sinnen des § 165 des Strafgesetzbuches StGB nicht erfüllt. Laut dem Lagebericht Geldwäsche 2019 des Bundeskriminalamtes kam es beispielsweise im Jahr 2019 zu lediglich 63 Verurteilungen wegen Geldwäscherei. Was laut Juristen daran liegt, dass die ermittelten Vortaten fallweise mit höherem Strafmaß belegt sind als das eigentliche Delikt der Geldwäscherei, und die Täter somit in manchen Fällen „nur“ auf Grund der Vortat verurteilt werden.

Als häufig festgestellte Methoden der Geldwäscherei werden Kryptowährungen, Finanzagenten („Money Mules“), das Transaktionssystem Hawala und Urkundenfälschung, zum Beispiel durch Vorlage gefälschter Ausweisdokumente und Meldebestätigungen, genannt.

Sektorrisikoanalyse Finanzsektor

Kredit- und Finanzinstitute, wie etwa Banken und Versicherungen, stellen vielfach den ersten Anknüpfungspunkt dar, um inkriminierte Gelder in das Finanzsystem einzuschleusen. Zusammenfassend wird daher das Gesamtrisiko sowohl für Terrorismusfinanzierung als auch für Geldwäscherei als hoch eingestuft.

Wertpapierfirmen WPF und Wertpapierdienstleistungsunternehmen WPDLU unterliegen, unabhängig von den Bestimmungen des FM-GwG, einer Vielzahl von Wohlverhaltensregeln gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz WAG 2018. Diese sind bereits im Vorfeld einzuhalten, wodurch sich im Rahmen des KYC-Prozesses bzw. der Eignungsprüfung ein umfassendes Kundenprofil ergibt.

Ein Restrisiko erkennen die Autoren der Nationalen Risikoanalyse dadurch, dass beispielsweise auch Kunden wie Privatstiftungen und Kunden aus Drittstaaten betreut werden. WPF und WPDLU ist allerdings das Halten von Kundengeldern untersagt und jede Konto-/Depoteröffnung bzw. Transaktion wird von der konto- und depotführenden Bank des Kunden zusätzlich gegengeprüft. Zusammenfassend wird das Gesamtrisiko für Terrorismusfinanzierung daher als niedrig und für Geldwäscherei als mittel eingestuft.

Sektorrisikoanalyse Gewerbe

Buch_Geldwaesche_ist_noch_immer_kein_KavaliersdeliktJenen Gewerben, die laut § 365m1 der Gewerbeordnung den Bestimmungen zur Geldwäsche-Prävention unterworfen sind, wird teilweise erhebliches Risiko zugeordnet. Noch vergleichsweise glimpflich kommt die Vermittlung von Lebensversicherungen und Versicherungsanlageprodukten mit einem Gesamtrisiko von 1,7, also niedrig bis mittel, davon.

Doch schon der Sparte Handel einschließlich Versteigerer ordnet die Nationale Risikoanalyse eine generelle Risikostufe von 2,3 (mittel bis hoch) zu. Kunst- und Edelmetallhändlern kommen gar auf eine Risikostufe von 2,7 bzw. 2,9, also nahe ans hohe Risiko. Mittel bis hoch wird mit einem Wert von 2,7 auch das Risiko von Unternehmensberatern und Bürodienstleistern klassifiziert. Immobilienmaklern wird mit der Risikostufe von 3,1 gar hohes bis sehr hohes Risiko zugewiesen.

Neue Risikoerhebungsbögen

Seit 24. März 2021 sind neu gestaltete Fragebögen zum Ermitteln und Bewerten von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken für die verpflichteten Gewerbetreibenden verfügbar. Diese gibt es weiterhin als EXCEL-Tabelle, aber neuerdings auch online im Unternehmensserviceportal USP. Während die manuell auszufüllenden EXCEL-Tabellen im Unternehmen bereitgehalten werden müssen, kann die Gewerbebehörde auf die online im USP ausgefüllte Risikobewertung direkt zugreifen.

Die zweite Neuerung sind die enthaltenen Fragen, anhand derer verpflichtete Gewerbetreibende ihr Risiko des Missbrauchs für Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ermitteln und bewerten sollen. Der Fragenkatalog ist umfangreicher geworden und die zur Wahl stehenden Antworten wurden vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaft BMDW bereits mit Risikoeinstufungen versehen. Dabei wurde die bekannte Systematik beibehalten sowie um „Risiko 4“ (sehr hohes Risiko) erweitert.

Leider werden die vom BMDW vorgegebenen Risikoeinstufungen mehr Fragen auf als sie beantworten. Beispielsweise ist nicht nachvollziehbar, warum „0% Verträge mit PEPs“ oder „0% Transaktionen mit virtuellen Währungen“ jeweils bereits zu Risikostufe 2, also mittlerem Risiko, führen. Gewerbetreibende, die über 50 Prozent ihrer Geschäfte mit persönlicher Anwesenheit der Kunden abschließen, sollen sich pauschal Risikostufe 3 (hohes Risiko) zuordnen, bei weniger als 50 Prozent sogar Risikostufe 4 (sehr hohes Risiko). Kunden zu haben, ist aus Sicht des BMDW also generell sehr risikoreich.

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Gemäß § 365s Absatz 5 der Gewerbeordnung haben alle verpflichteten Gewerbetreibenden bei ihrer Risikoanalyse unter anderem die von den Europäischen Aufsichtsbehörden gegebene Leitlinien zu berücksichtigen. Die damit gemeinten Guidelines der Europäischen Bankenaufsicht EBA wurden am 1. März 2021 in einer Neufassung veröffentlicht, richten sich primär an Banken und umfassen 225 Seiten in behörden-englisch. In den neuen Risikoerhebungsbögen werden allerdings ausschließlich Versicherungsvermittler gefragt, ob sich aus dem Berücksichtigen dieser Leitlinien Änderungen für deren Risikoanalyse ergeben haben.

Fazit

Das Verhindern von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung rückt noch mehr in den Fokus der EU-Mitgliedstaaten und Aufsichtsbehörden. Praxisbezogener werden die Bestimmungen und Pflichten jedoch nicht. Und welchen echten Nutzen die Strafverfolgung daraus zieht, bleibt abzuwarten.