ESMA Q&A: Neue Fragen & Antworten zu MiFID II

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Am 6. November 2020 hat die European Securities and Markets Authority ESMA eine aktuelle Ausgabe der Questions and Answers on MiFID II and MiFIR investor protection and intermediaries topics veröffentlicht. Drei neue Fragen und Antworten zum Thema Product Governance sind darin enthalten.

Ich habe mir erlaubt, die drei neuen Fragen und Antworten – ganz unverbindlich und ohne Anspruch auf Vollständigkeit sowie Richtigkeit – aus dem Englischen ins Deutsche zu übersetzen. Dabei habe ich die teilweise verschachtelten Sätze der ESMA bewusst nicht entwirrt, um die ursprüngliche Aussage der ESMA nur ja nicht zu verändern.

Im Zweifelsfall rate ich einen Blick in das englischsprachliche Original zu werfen, dass unter folgendem (externen) Link auf der Internetseite der ESMA zum Download bereitsteht: ESMA Questions and Answers vom 6. November 2020.

Frage 2: Wie sollten Unternehmen, die Finanzinstrumente herstellen bzw. konzipieren, sicherstellen, dass Kosten und Gebühren dieser Finanzinstrumente mit den Anforderungen, Zielen und Merkmalen des Zielmarkts vereinbar sind?

Im Rahmen des Produktgenehmigungsprozesses sollten Unternehmen über klare und solide Richtlinien und Verfahren verfügen, um alle produktbezogenen Kosten und Gebühren zu identifizieren und zu quantifizieren. Dies umfasst alle impliziten und expliziten Produktkosten, aber auch Service-(Vertriebs-)kosten, die dem Kunden wahrscheinlich entstehen (z.B. Anreize/Vergütungen).

Diese Richtlinien und Verfahren sollten vom Leitungsorgan genehmigt und von der Compliance-Funktion im Rahmen der allgemeinen Verpflichtung zur „Überwachung der Entwicklung und regelmäßigen Überprüfung von Produkt-Governance-Regelungen“ bewertet und überwacht werden. Die Richtlinien und Verfahren sollten robust und dokumentiert sein und eine klare Bestimmung der Rollen und Verantwortlichkeiten im Prozess enthalten.

Beispielsweise sollten Richtlinien und Verfahren klar festhalten, welche Marktparameter für die Preisgestaltung von Produkten und die damit verbundene Ermittlung von Kosten verwendet werden (Quellen, Häufigkeit von Aktualisierungen, wie sie auf Produkte mit unterschiedlichen Merkmalen angewendet werden, usw.).

Unternehmen sollten beurteilen, ob und wie die ermittelten Kosten mit dem geplanten Zielmarkt des Produkts vereinbar sind und ob Anpassungen erforderlich sind. Dabei sollten Unternehmen insbesondere die Art und Weise berücksichtigen, wie diese Kosten anfallen (z.B. im Voraus durch einen Aufschlag oder Abschlag, laufend, als separate Zahlung, usw.).

Unternehmen sollten nachweisen, wie Kostenstrukturen und -komponenten mit den Merkmalen des Zielmarkts vereinbar sind. Beispielsweise sollten Unternehmen sicherstellen, dass ein Finanzinstrument mit erheblichen Vorabkosten in seinem Zielmarkt keine Kunden hat, deren Anlagehorizont zu kurz ist, um diese Kosten im Zeitverlauf aus der erwarteten Wertentwicklung heraus abzudecken.

Unternehmen sollten berücksichtigen, dass Hersteller verpflichtet sind, den Vertreibern alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, um das Finanzinstrument richtig zu verstehen und zu empfehlen oder zu verkaufen. Nach Ansicht der ESMA umfasst dies auch Informationen zu den produktbezogenen Kosten und Gebühren, die es den Vertreibern ermöglichen, den Kunden Ex-ante- und Ex-post-Kostentransparenz zu bieten.

Frage 3: Wie sollten Unternehmen, die Finanzinstrumente herstellen, sicherstellen, dass Kosten und Gebühren die Renditeerwartungen des Finanzinstruments nicht untergraben?

Während der Produktdesignphase führt das Unternehmen eine Szenarioanalyse seiner Finanzinstrumente durch und simuliert in diesem Zusammenhang die Produktrendite unter Berücksichtigung aller Produktkosten (implizit und explizit).

Um sicherzustellen, dass Gebühren die Renditeerwartungen des Finanzinstruments nicht untergraben (Anm.: nach der wirklich passenden und dem Sinn der ESMA entsprechenen Übersetzung für „undermine“ in diesem Zusammenhang suche ich noch), könnten Unternehmen beispielsweise die Konsistenz (den Zusammenhng) zwischen Kosten und Rendite eines komplexen Produkts mithilfe der Monte-Carlo-Methode/Simulation bewerten. Alternativ oder zusätzlich könnten Unternehmen beispielsweise eine Szenarioanalyse durchführen, um zu bewerten, ob die Kosten des Produkts (implizit und explizit) niedriger sind als die zu erwartende Rendite.

Wenn das Produkt beispielsweise als PRIIP qualifiziert ist, sollten Unternehmen beurteilen, ob die Kosten (implizit und explizit) die erwartete Rendite des Produkts in einem „moderaten“ Szenario nicht übersteigen. Unternehmen könnten auch beurteilen, ob die erwartete Nettorendite mit der für ähnliche auf dem Markt verfügbare Produkte übereinstimmt.

Die Liste der hier genannten Beispiele erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Unternehmen könnten andere Methoden anwenden. Die zu diesem Zweck angewandten Methoden sollten auf jeden Fall robust und gut dokumentiert sein und eine klare Identifizierung der Rollen und Verantwortlichkeiten im Prozess beinhalten.

Schließlich könnten die Hersteller den Zeitwert eines Produkts berechnen und diesen Wert mit dem (erwarteten) Preis des Produkts für den Endkunden vergleichen sowie beurteilen, ob das Ergebnis mit den derzeit auf dem Markt verfügbaren Methoden für ähnliche Produkte übereinstimmt. Wenn Hersteller berechnen, ob Kosten und Gebühren die Renditeerwartungen der Finanzinstrumente übersteigen könnten, sollten sie auch typische Steuern berücksichtigen, die auf Seiten der Endkunden anfallen (z.B. Kapitalertragssteuern).

Frage 4: Wie sollten Unternehmen, die Finanzinstrumente herstellen, sicherstellen, dass die Gebührenstruktur des Finanzinstruments für den Zielmarkt angemessen transparent ist, z.B. dass Gebühren nicht verschleiert werden oder zu komplex sind?

Zielkunden sollten auf jene Produkte Zugriff zu haben und diese auswählen können, die ihren Bedürfnissen, Zielen und Merkmalen am besten entsprechen, indem sie alle relevanten Kosten und Nutzen der Produkte bewerten können. Daher sollten Hersteller während der Produktdesignphase sicherstellen, dass die Struktur des Produkts nicht undurchsichtig, schwer zu bewerten oder darauf ausgelegt ist, Kunden irrezuführen und bisherige Verhaltensmuster auszunutzen. Zum Beispiel erwartet die ESMA von Unternehmen:

  • Stellen Sie sicher, dass künstlich niedrige Anfangssätze / -kosten nicht dazu verwendet werden, um unbedarfte Kunden anzuziehen und in die Irre zu führen.
  • Vermeiden Sie die Verwendung unnötig komplexer Formeln zur Kostenermittlung.
  • Vermeiden Sie zu viele Kostenkomponenten oder teilen Sie Kostenkomponenten nicht unnötig in zu viele Elemente auf, wenn dies die Klarheit verringert.
  • Berücksichtigen Sie in Fällen, in denen die Kostenstruktur besonders komplex ist, die Möglichkeit, die Kosteninformationen in irgendeiner Form zu testen, um sicherzustellen, dass diese nicht zu komplex sind, um von den Zielkunden verstanden zu werden.
  • Prüfen Sie, ob es keine doppelten Kosten gibt (z.B. ist dieselbe Art von Gebühr nicht in zwei verschiedenen Kostenkategorien enthalten), und stellen Sie sicher, dass die Kosten ordnungsgemäß getrennt und berücksichtigt werden.

Die obige Liste von Beispielen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, und Unternehmen könnten andere Mittel einsetzen, um ein angemessenes Maß an Transparenz über die Gebührenstruktur der Produkte zu gewährleisten.

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