Wer bezahlt die Kosten für Sustainable Finance?

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Die neuen EU-Bestimmungen zu Sustainable Finance haben für nachhaltig mehr Text auf Internetseiten sowie in vorvertraglichen Informationen gesorgt. Die EU bemisst Klimaschutz an der Menge offengelegter Informationen, also folgen 2022 umfassende periodische Berichtspflichten. Derweilen prüfen Asset Manager anhand dutzender Kriterien jede einzelne Investition auf deren Nachhaltigkeit. Wer bezahlt diesen zusätzlichen Aufwand eigentlich?

Per 10. März 2021 mussten sich Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater im Sinne der Disclosure-Verordnung entscheiden, ob sie nachteilige Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren bei Investitionsentscheidungen bzw. bei der Anlage- oder Versicherungsberatung berücksichtigen. Insbesondere kleinere Marktteilnehmer, deren zeitliche und personelle Ressourcen begrenzt sind, haben sich angesichts des enormen Aufwands für das Erfüllen der Minimalanforderungen entschieden.

Keine Wahlmöglichkeit gibt es beim Berücksichtigen von tatsächlichen oder potentiell wesentlichen negativen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf Unternehmensebene, also (Zitat aus dem FMA-Leitfaden um Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken) „auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Reputation eines Unternehmens“. Diese müssen ermittelt, bewertet und veröffentlicht werden. Ebenso muss offengelegt werden, wie das Einbeziehen von Nachhaltigkeitsrisiken im Einklang mit der Vergütungspolitik steht.

Sisyphus-Aufgabe für Asset Manager

Vor einer wahren Sisyphus-Aufgabe stehen jene Asset Manager, die nachhaltig im Sinne der EU-Bestimmungen investieren. Sie müssen jede einzelne Investitionsentscheidung auf ökologische oder soziale Merkmale oder nachhaltige Investitionsziele prüfen. Damit einher geht auch ein erhebliches aufsichtsrechtliches Risiko, denn ob Asset Manager die weit formulierten EU-Bestimmungen richtig interpretieren, werden die Aufsichtsbehörden erst bei zukünftigen Prüfungen feststellen.

Die Liste jener Kriterien, die gemäß Taxonomie und den Entwürfen zu technischen Regulierungsstandards bei jeder Investitionsentscheidung miteinzubeziehen sind, ist lang. Investitionen in nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten sind dabei nicht nur einmalig vor der Investition zu prüfen, sondern laufend. Denn die ab 2022 geltenden Berichtspflichten verlangen bei einigen Indikatoren die quartalsweise Berechnung und das Veröffentlichen des Durchschnitts dieser laufenden Berechnungen in den periodischen Berichten.

Bei diesen periodischen Berichten wird es sich nicht um „Short Papers“ handeln. Musterdokumente dieser Berichte, die die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA veröffentlicht hat, umfassen dutzende Seiten. Besitzt ein nachhaltig orientierter Kleinanleger beispielsweise ein Portfolio aus fünf verschiedenen Artikel 8- oder Artikel 9-Finanzprodukten, wird er oder sie regelmäßig mit viel Lesestoff versorgt. Mutmaßlich werden diese Berichte dort enden, wo schon die meisten MiFID II-Zahlenfriedhöfe landen.

Prüfpflicht anhand nicht vorhandener Daten

Zu den Nachhaltigkeitskriterien, die es vor der Investitionsentscheidung sowie laufend zu prüfen gilt, zählen beispielsweise der CO2-Fußabdruck, das Verhältnis des Verbrauchs an nicht-erneuerbarer Energie zu erneuerbarer Energie in Prozent und die Tonnen an gefährlichen Abfällen, die pro investierter Million Euro vom betreffenden Unternehmen verursacht werden. Mit der Frage, woher Asset Manager all diese Daten und Informationen quartalsweise aktualisiert – und mit nennenswertem Tatsachengehalt – erhalten, hat sich der europäische Gesetzgeber nicht ernsthaft beschäftigt.

Veröffentlicht werden diese Daten von Unternehmen derzeit so gut wie nicht. Um die Anforderung dennoch zu erfüllen, müssten sich Asset Manager an jedes einzelne Unternehmen wenden, in das sie investiert haben. Oder auf professionelle Datenanbieter setzen, denen sie diese Informationen für teures Geld abkaufen. Den Tatsachengehalt erhöht der Zukauf dieser Informationen nicht.

Viel Aufwand, kaum Nutzen

Finanzprodukte, die nachhaltige Investitionen tätigen, sind de facto teurer als herkömmliche Anlageprodukte. Der zeitliche und finanzielle Aufwand für das Erfüllen der gesetzlichen Bestimmungen ist hoch, das damit verbundene aufsichtsrechtliche Risiko erheblich. Und ausgerechnet grüne Finanzprodukte, die neuen Lieblinge der EU-Kommission, teurer als „sonstige“ Finanzprodukte zu machen, würden weder Kleinanleger noch Aufsichtsbehörden akzeptieren.

Asset Manager werden sich den Luxus nachhaltig investierender Finanzprodukte wohl aus eigener Tasche leisten müssen. Oder Nachhaltigkeitsfaktoren bei Investitionsentscheidungen weiterhin nicht berücksichtigen.

Am Ende bleiben zwei Fragen im Raum stehen:

  • Fördert dieser Regulierungsirrsinn tatsächlich nachhaltige Investitionen und Finanzprodukte?

  • Welchen nachhaltigen Vorteil ziehen das Weltklima und die Umwelt aus solchen Regularien?

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