Nachhaltigkeitspräferenzen: Anpassung von MiFID II und IDD

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Am 21. April 2021 hat die europäische Kommission Entwürfe für geplante Anpassungen von MiFID II und IDD sowie der Produktüberwachungspflichten veröffentlicht. Ziel in den drei Regelwerken ist es, Nachhaltigkeitsfaktoren, -risiken und -präferenzen in die Beratung und bestimmte organisatorische Anforderungen sowie die Produktüberwachung miteinzubeziehen.

Nachhaltig investieren im Sinne der EU-Kriterien soll freiwillig bleiben. Dazu wird in Erwägungsgrund 8 festgehalten, dass „Finanzinstrumente, die nicht für die individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen infrage kommen, von Wertpapierfirmen weiterhin empfohlen werden dürfen, jedoch nicht als Produkt, das individuellen Nachhaltigkeitspräferenzen entspricht.„. Ein Kunde, der – aus welchen Gründen auch immer – nicht nachhaltig gemäß den EU-Kriterien investieren möchte, muss dies auch nicht tun und Wertpapierfirmen dürfen weiterhin „nicht-nachhaltige“ Produkte empfehlen. Anleger werden also mit dem europäischen Grünen Deal nicht zwangsbeglückt.

Mit den geplanten Anpassungen sollen Umwelt-, Sozial- und Governancerwägungen ins Zentrum des Finanzsystems gerückt, wie einleitend zu lesen ist, um so „zur Wandlung der europäischen Wirtschaft in ein umweltfreundlicheres, CO2-armes, widerstandsfähigeres, ressourcenschonendes und kreislauforientiertes System beizutragen.

Sowohl in MiFID II als auch in der IDD sollen die Begriffe „Nachhaltigkeitspräferenzen“ und „Nachhaltigkeitsfaktoren“ aufgenommen werden. Die Definition von „Nachhaltigkeitsrisiken“ soll hingegen nur in MiFID II Einzug halten, warum auch immer. Dabei werden einfacherweise mit Verweisen die Definitionen aus der Disclosure- bzw. Taxonomie-Verordnung übernommen.

Organisatorische Pflichten

In die allgemeinen organisatorischen Anforderungen (Artikel 21 von MiFID II) sowie ins Risikomanagement (Artikel 23 von MiFID II) sollen Nachhaltigkeitsrisiken aufgenommen werden: „Des Weiteren müssen Wertpapierfirmen nach Artikel 1 Nachhaltigkeitsrisiken – entweder in qualitativer oder in quantitativer Hinsicht – bei der Erfüllung der organisatorischen Anforderungen berücksichtigen und in ihre Risikomanagementstrategien einbeziehen.

Nachdem die FMA ihre Sichtweise zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken bereits im FMA-Leitfaden vom 2. Juli 2020 dargelegt hat, sollten Rechtsträger Nachhaltigkeitsrisiken im Risikomanagement ohnehin bereits berücksichtigen.

Eignungsbeurteilung und Eignungsberichte

Erstens wird als Ergänzung der Eignungsbeurteilung das Berücksichtigen der Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden vorgeschrieben. Denn derzeit, so schreibt die EU-Kommission, „sind in den Eignungsbeurteilungen üblicherweise keine Fragen zu Nachhaltigkeitspräferenzen von Kunden vorgesehen, und die meisten Kunden würden solche Präferenzen auch nicht von sich aus thematisieren. Wertpapierfirmen könnten Nachhaltigkeitsfaktoren im Auswahlverfahren also durchweg angemessener berücksichtigen.“ Zweitens werden mit den Anpassungen in MiFID II Nachhaltigkeitsrisiken in die organisatorischen Anforderungen einbezogen.

Nachhaltigkeitsfaktoren sollten dabei nicht über die persönlichen Anlageziele eines Kunden gestellt werden. Bei der Eignungsfeststellung sollten Nachhaltigkeitspräferenzen erst dann angesprochen werden, wenn das Anlageziel des Kunden ermittelt worden ist. Es wird also auch auf die Reihenfolge der Fragestellung zu achten sein. Mit den Regelungen zu den Nachhaltigkeitspräferenzen sollen Kunden und potenzielle Kunden stärker dafür sensibilisiert werden, dass nachhaltigkeitsorientierte Finanzinstrumente erhältlich sind:

Die Informationen über die Anlageziele des Kunden bzw. potenziellen Kunden umfassen – soweit relevant – Informationen über den Zeitraum, in dem der Kunde die Anlage zu halten gedenkt, seine Präferenzen hinsichtlich des einzugehenden Risikos, seine Risikotoleranz, den Zweck der Anlage und zusätzlich seine Nachhaltigkeitspräferenzen

Wertpapierfirmen sollen einen Bericht für den Kunden erstellen, in dem erläutert wird, inwiefern die Empfehlung für den Kunden seinen Anlagezielen, seinem Risikoprofil, seiner Fähigkeit, Verluste zu tragen, sowie seinen Nachhaltigkeitspräferenzen entspricht (Ex-post-Offenlegung von Informationen).

Entspricht kein Finanzinstrument den Nachhaltigkeitspräferenzen des (potenziellen) Kunden und entscheidet sich der Kunde daraufhin, seine Nachhaltigkeitspräferenzen anzupassen, soll diese Kundenentscheidung einschließlich ihrer Begründung von den Wertpapierfirmen aufgezeichnet werden.

Die Anpassungen sollen zwölf Monate nach deren Veröffentlichung im Amtsblatt der europäischen Union angewendet werden, also vermutlich ab Mitte 2022. Es bleibt folglich noch reichlich Zeit, die Auswirkungen auf die Beratungstätigkeit zu überdenken sowie Beratungsprozesse und -dokumente entsprechend anzupassen. Schlanker werden die Kundenprofile und Eignungsberichte jedenfalls nicht.


Download Entwurf zu Änderungen von MiFID II

Download Entwurf zu Änderungen in der IDD


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