Dem Europäischen Verbraucherverband BEUC ist provisionsbasierte Finanzberatung schon lange ein Dorn im Auge. Nach Ansicht des BEUC werden Berater durch Provisionen dazu verleitet, Konsumenten stets das teuerste Produkt mit der höchsten Provision für den Berater zu empfehlen. Im vergangenen September hat der Verband daher neuen Anlauf gestartet, um provisionsbasierte Finanzberatung komplett zu verbieten.
Etwa 45 Mitglieder zählt der Europäische Verbraucherverband BEUC, der bereits im Jahr 1962 gegründet wurde. Österreichische Mitglieder sind der Verein für Konsumenteninformation VKI sowie die Arbeiterkammer. Im vergangenen September hat BEUC das Factsheet „The case for independent advice“ veröffentlicht, das mit provisionsbasierter Finanzberatung hart ins Gericht geht und deren Verbot fordert.
Was ist aus Sicht von BEUC das Problem?
Konsumentinnen und Konsumenten verlassen sich bei wichtigen finanziellen Entscheidungen auf Finanzberater. Deren Beratung sollte unparteiisch, kompetent und vertrauenswürdig sein, damit Konsumenten die verfügbaren Anlagemöglichkeiten sorgfältig prüfen und abwägen können.
Laut BEUC führt das heutige provisionsbasierte Beratungsmodell, bei dem Berater oftmals von Produktherstellern bezahlt werden, aber „unglücklicherweise“ zu voreingenommenen Empfehlungen und einem Interessenkonflikt „at the heart of the client relationship“. Mit Polemik spart BEUC ebenso wenig wie mit Kritik.
Warum soll Finanzberatung zwingend unabhängig sein?
BEUC ist der Ansicht, dass Provisionen für Finanzberater stets der Anreiz dafür sind, jene Anlageprodukte zu empfehlen, die für sie selbst die höchste Provision einbringen. Dabei sollten sie Konsumentinnen und Konsumenten doch viel eher jene Anlagemöglichkeiten empfehlen, die für Kunden am besten geeignet sind.
Von den Pflichten, die MiFID II und IDD allen Beratern hinsichtlich Produktempfehlungen auferlegen, scheint der Verband noch nie gehört zu haben. Oder BEUC ignoriert diese strengen Pflichten zum Schutz der Anleger bewusst, weil sie nicht ins Bild der Kritik passen.
Warum möchte BEUC Provisionen komplett verbieten?
- Finanzberater werden durch Provisionen dazu angeregt, Anlageprodukte zu verkaufen, anstatt geeignete Beratung anzubieten
- Finanzberater erhalten durch Provisionen Anreize, um Konsumenten teurere Anlageprodukte zu empfehlen, die ihnen selbst eine höhere Provision einbringen
- Das Spektrum der von Finanzberatern empfohlenen Anlageprodukte beschränkt sich auf solche, die eine Provision enthalten
Der Europäische Verbraucherverband ist daher der Ansicht, dass die EU sämtliche Provisionen für „retail investments“ (zum Beispiel Investmentfonds, Lebensversicherungen, Vermögensanlagen) und komplexe Anlageprodukte gänzlich verbieten sollte.
Warum nicht die Konsumenten entscheiden lassen?
Die Praxis in jenen Ländern, die Provisionen bereits verboten haben, zeigt, dass gerade Kleinanleger, die dem Verbraucherschutzverband so am Herzen liegen, bei ausschließlich honorarbasierter Beratung oftmals durch den Rost fallen und gar nicht mehr in den Genuss qualifizierter Finanzberatung kommen. Diesen Aspekt übergeht BEUC in seinem Factsheet geflissentlich.
Wieso kommt eigentlich niemand – weder der Europäische Gesetzgeber noch der Europäische Verbraucherschutzverband – auf die Idee, den Konsumentinnen und Konsumenten finanzielles Basiswissen an die Hand zu geben, statt ein Regelwerk nach dem anderen zu erfinden?
Praxisnahes und grundlegendes Finanzwissen würde Konsumenten in die Lage versetzen, zwischen provisions- oder honorarbasierter Finanzberatung selbst entscheiden zu können. Ein gesetzliches Verbot von Provisionen ohne jede Wahlfreiheit wäre ein weiterer Schritt hin zur Entmündigung des Bürgers.
Die Macht der europäischen Verbraucherschutzverbände und der Druck, den sie auf Politiker ausüben können, ist allerdings nicht zu unterschätzen. Kommt mit MiFID III ein totales Provisionsverbot? Wir werden sehen … gänzlich ausschließen tue ich es jedenfalls nicht.
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