Lange Zeit galt unser heimisches Bankgeheimnis als heilige Kuh. Unantastbar. Und beliebt bei ausländischen Sparern. Damit ist es nun endgültig vorbei. Österreichische Banken müssen in Zukunft sämtliche Kontoverbindungen ihrer Kunden an das Finanzministerium melden. Dort, im zentralen Kontenregister, werden die Daten gespeichert und sind für ausgewählte Behörden abrufbar. Betroffen sind Girokonten, Sparbücher, Bausparverträge und Wertpapier-Depots.
George Orwell ist mit seinem im Jahr 1949 (!) erschienenen Roman „1984“ über einen totalitären Überwachungsstaat der heutigen Realität sehr nahegekommen. Dass Google, Amazon, Facebook, WhatsApp & Co. wahre Datenkraken sind, ist ja nichts Neues. Ab 1. Oktober 2016 müssen nun auch Banken sämtliche Kundendaten – Daten, die wir bis dato vom Bankgeheimnis geschützt sahen – weitergeben.
Welche Daten werden gemeldet?
Die Meldepflichten der Banken umfassen Name & Anschrift, Ansässigkeitsstaat, Steueridentifikationsnummer, Geburtsdatum und Geburtsort bei natürlichen Personen, Konto/Depotnummer sowie Konto/Depotsalden oder -wert (einschließlich des Barwerts oder Rückkaufwerts bei rückkaufsfähigen Versicherungs- oder Rentenversicherungsverträgen) zum Ende des betreffenden Kalenderjahres.
Gesetzliche Basis für die „Sammelwut“ sind das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz GMSG, das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz KontRegG sowie auch das Kapitalabfluss-Meldegesetz für Geldflüsse. Als Argument für das Aushebeln des Bankgeheimnisses dienen Begriffe wie Terrorgefahr, Verhinderung von Geldwäsche und Vermeidung von Abgabenverkürzung, sprich Steuerhinterziehung.
Viele Staaten machen mit – nicht die USA
Weltweit haben sich fast 100 Staaten und Gebiete darauf geeinigt, dass die jeweiligen Finanzbehörden zukünftig steuerrelevante Kundendaten untereinander austauschen. Darunter sind auch Länder wie das Fürstentum Liechtenstein, Monaco, die Schweiz und Panama. Also Länder, von denen man solch eine Transparenz vielleicht nicht vermuten würde. Die USA, die in vielen Bereichen von der ganzen Welt Daten ohne Ende einfordern und global bedeutende Steueroasen wie zum Beispiel Delaware beheimaten, nehmen übrigens nicht am Gemeinsamen Meldestandard teil.
Einsicht nehmen in das Zentrale Kontenregister dürfen Staatsanwaltschaften und Strafgerichte für strafrechtliche Zwecke, Finanzstrafbehörden und das Bundesfinanzgericht für finanzstrafrechtliche Zwecke sowie die Abgabenbehörden des Bundes und des Bundesfinanzgerichts bei „Zweckmäßigkeit und Angemessenheit im Interesse der Abgabenerhebung“.
Hürde für die Einsichtnahme denkbar gering
Damit zum Beispiel Steuerprüfer zukünftig sämtliche Konten einer Person einsehen dürfen, reichen schon Bedenken gegen die Richtigkeit der Abgabenerklärung. Bedenken, wohlgemerkt, in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung – also viel schwerwiegendere Delikte – liegt die Hürde deutlich höher, hier muss es zumindest ein begründeter Verdacht sein. Dass schon Bedenken ausreichen, sehen Rechtsexperten quasi als Freibrief für Finanzämter zum Durchforsten sämtlicher Konten.
Wieder einmal fünf vor zwölf
Österreich ist mit seinem zentralen Kontenregister übrigens alles andere als ein Vorreiter. Deutschlands Banken sind bereits seit über 10 Jahren verpflichtet, eine Liste aller Konten zu führen. In den Niederlanden melden Finanzinstitute der Steuerbehörde einmal pro Jahr die Kontodaten ihrer Kunden. Auch in Dänemark, Frankreich und Spanien ist der automatische Datenaustausch mit den Behörden längst die Regel.
Und in Schweden sowie Norwegen existiert nicht einmal ein Steuergeheimnis. Jeder Bürger kann nachschauen was der Chef, der Nachbar, der Politiker oder der Promi verdienen. Ein Albtraum für die österreichische Geheimniskrämerei beim Thema Geld.