
Erzielen nachhaltige Fonds tatsächlich echten Impact?
Die EU-Offenlegungsverordnung SFDR definiert bekanntlich nachhaltige Finanzprodukte: „Hellgrüne“ nach Artikel 8 bewerben soziale und/oder ökologische Merkmale, „dunkelgrüne“ nach Artikel 9 streben nachhaltige Investitionen an. Bereits diese schwachen Definitionen lassen erahnen, dass grüne Finanzprodukte nur wenig zum Erreichen der ESG-Ziele beitragen. Eine aktuelle Studie bestätigt die geringe Wirkung.
Investieren für eine bessere Zukunft und gleichzeitig für den eigenen Wohlstand: Kann das funktionieren? Mit dieser Frage leitet Studienautor Mag. Robert Zepnik seine Analyse von Nachhaltigkeitsfonds in Österreich ein. Darin stellt er sich der Frage, wie viel echte Wirkung (Impact) steckt in den Produkten. Seine Analyse ortet gravierende Unterschiede zwischen Anspruch und Realität.
Mangelnde Datenlage
Als renommierter Experte für nachhaltiges Management und nachhaltige Finanzplanung kritisiert Zepnik, dass nachhaltige Geldanlagen häufig eine Blackbox sind, die viele Kunden und Berater nur schwer durchschauen können. So wird nachhaltige Geldanlage mangels Transparenz und Vergleichbarkeit für beide Seiten zur Herausforderung. Die Gefahr, Greenwashing auf den Leim zu gehen, ist latent vorhanden. Die Analyse, die sich unter anderem auf Daten von MSCI ESG und CLEANVEST PRO stützt, möchte für mehr Transparenz sorgen.
Untaugliches Regelwerk

Wie die Praxis zeigt, sind schwache Definitionen wie jene für Artikel 8/9-Fonds unbrauchbar. Bis auf höchste EU-Ebene hat sich das bereits durchgesprochen, daher wird seit Monaten an einer Überarbeitung der SFDR gearbeitet. Auch die für Anleger und Berater aufwendige und komplexe Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen leistet „grünen“ Investments keinen Vorschub. Doch selbst wenn die Regulatorik mühsam ist, meint Studienautor Zepnik, ist sie trotzdem notwendig und wohl (noch) nicht ausreichend.
Irreführende Fondsnamen
Viele Fonds schmücken sich mit Nachhaltigkeitsbezeichnungen und -labels, aber bei genauerer Betrachtung sind nur wenige tatsächlich darauf ausgerichtet, messbare soziale oder ökologische Veränderungen zu erzielen. Diesen Mangel hat die EU-Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA erkannt und strenge Leitlinien erlassen. Spätestens ab 21. Mai 2025 müssen Fonds mit ESG-Begriffen im Namen zu mindestens 80 % EU-konform nachhaltig investieren. Tun die Fonds das nicht, müssen sie ihren Namen ändern – was viel „grüne“ Fonds bereits gemacht bzw. beantragt haben.
Wenig bis keinen Impact
In der empirischen Analyse wurden 25 Kapitalanlagegesellschaften zu ihren „Impact-Investmentfonds“ befragt und die Anlagepolitik anhand von ESG-Kriterien mit der tatsächlichen Zusammensetzung der Fondsportfolios verglichen. „Es ist völlig OK, keine Renditen mit kontroversen oder schädlichen (braunen) Unternehmen erzielen zu wollen. Selbst in der einfachsten Ausprägung wirkt nachhaltige Geldanlage über verschiedene Kanäle“, resümiert Zepnik. Doch echte Impact-Fonds, die tatsächlich positiv wirksam für Klima und Umwelt sind, sowie Transition-Investments, die mit ihren Investitionen gezielt die grüne Transformation finanzieren, sind unter den untersuchten Fonds die Ausnahme.
Impact- und Transition-Investing (noch) nicht etabliert
Viele nachhaltige Fonds setzen auf ESG-Kriterien und bewirken tatsächlich Veränderungen, doch messbare Impact-Ziele verfolgen nur wenige. Viel mehr konzentrieren sich Anbieter auf die kurzfristige Performance statt auf echte Veränderungen. Die Regulatorik für Publikumsfonds verhindert offenbar, dass Aktienfonds die strenge Definition für Impact-Investing zur Gänze erfüllen können.

Der Gedanke, maximale Wirkung mit der Finanzierung der grünen Wende erzielen zu können, scheint derzeit von den befragten KAGs als (noch) wenig attraktiv betrachtet zu werden. Kein einziger analysierter Investmentfonds entspricht der Idee, ausschließlich in Unternehmen investieren zu wollen, die nachhaltig bzw. „grün“ werden wollen, es aber noch nicht sind.
SDG-Ausrichtung als Ausweg?
Eine Möglichkeit, mehr Wirkung zu erzielen, könnte darin liegen, in Unternehmen zu investieren, deren Umsätze bzw. Investitionen stärker auf die SDGs (UN Sustainable Development Goals) ausgerichtet sind. Dabei gelte es allerdings zu beachten, wie der Ausweis bzw. die Berechnung der SDG-Konformität erfolgt, um „Tricksereien“ zu unterbinden.

„Es reicht nicht aus, Nachhaltigkeit nur zu behaupten – sie muss klar definiert, gemessen und kommuniziert werden“, fordert Zepnik. Er plädiert für freiwillige, standardisierte Angaben sowie für europäische Lösungen bei Ratingagenturen und Stimmrechtsvertretern und hofft dabei auch auf ambitionierte Produktanbieter.
Einfache, aber effektive Verbesserungen
Verbesserte und vereinfachte Regulatorik ist ebenso notwendig wie zuverlässige ESG-Daten. Mit diesen ist angesichts der geplanten Vereinfachungen der Berichtspflichten allerdings kaum zu rechnen. Anleger und Berater sind aber auf aussagekräftige Daten angewiesen. Zepnik schlägt eine freiwillige Infobox „Nachhaltigkeit auf einen Blick“ vor. Er sucht den Dialog mit Asset Managern, die nachhaltige Geldanlage ernsthaft betreiben und auch voranbringen wollen. Nicht alles könne über Vorschriften und Verordnungen geregelt werden, es brauche mehr Transparenz und eine Kooperation der Willigen.
Dilemma der Finanzbranche
Die Branche steckt in einem Dilemma, resümiert der Studienautor. Es gäbe enormen Bedarf an Kapital für die nachhaltige Transformation, aber zu wenige Produkte, die diesen Anspruch tatsächlich erfüllen.
Selbst der aktuelle Gegenwind ändere nichts an der wachsenden Bedeutung ökologischer und gesellschaftlicher Kriterien bei der Geldanlage. Staaten alleine können die grüne Transformation nicht finanzieren, es braucht auch privates Kapital. Daher wird Nachhaltigkeit als Anlagethema weiterhin hohe Priorität genießen (müssen). Anleger brauchen dafür fundierte und kritische Beratung – auch um Greenwashing erkennen und vermeiden zu können.
Dieser Artikel ist erstmals im Fachmagazin risControl Nr. 05 – 2025 erschienen.
