
FATF-Länderprüfung: Die Nervosität nimmt zu
Die Financial Action Task Force FATF prüft aktuell erneut das österreichische System der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Im Vorfeld haben die zuständigen (Gewerbe-)Aufsichtsbehörden ihre Kontrolltätigkeiten intensiviert, und der österreichische Gesetzgeber erließ strengere Bestimmungen zur Geldwäsche-Prävention. So müssen auch verpflichtete Gewerbetreibende seit Dezember 2024 auch das Risiko der Nichtumsetzung und Umgehung gezielter finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung mindern und steuern.
Als Proliferation bezeichnet man die Weiterverbreitung von atomaren, biologischen oder chemischen Massenvernichtungswaffen und entsprechenden Waffenträgersystemen bzw. der zu deren Herstellung verwendeten Produkte, einschließlich des dazu erforderlichen Knowhows. (Quelle. BMI, Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst)
FATF prüft strenger als 2015/2016
Sowohl die europäischen als auch die nationalen Bestimmungen zur Geldwäsche-Prävention basieren wesentlich auf den 40 Empfehlungen der FATF, die Standards zum Schutz des globalen Finanzsystems vor Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung sowie vor der Finanzierung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen entwickelt und die Einhaltung streng kontrolliert. Zuletzt wurde Österreich 2015/2016 von der FATF geprüft.
Die große Angst aller Beteiligten – Ministerien, Aufsichtsbehörden, Interessenvertretungen – ist, dass Österreich auf der „Grauen Liste“ der FATF landet (was Österreich 2015/2016 gerade noch verhindern konnte). Der Internationale Währungsfonds IWF schätzt den gesamtwirtschaftlichen Schaden einer Graulistung auf bis zu 76 Mrd. €. Die Gefahr ist real, denn die FATF hat ihre Prüfkriterien verschärft. Würde Österreich genauso gut bzw. schlecht abschneiden wie zuletzt, wäre uns die Graulistung sicher. Entsprechend groß ist die Nervosität der Beteiligten.
Auf Untätigkeit folgt Hektik
Bereits im Prüfbericht aus dem September 2016 bewertet die FATF die Wirksamkeit der österreichischen Präventivmaßnahmen bezüglich finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen als lediglich „moderat“ bzw. nur „teilweise erfüllt“. Österreich sei nicht in der Lage, gezielte Finanzsanktionen unverzüglich anzuwenden, stellt die FATF als wesentlichen Mangel fest. Im November 2018 bemängelte die FATF in einem Folgebericht erneut, dass Österreich die Anforderungen weiterhin nur teilweise erfüllt.

Anstatt diese Mängel zeitnahe zu beheben, geschah acht Jahre lang nichts. Erst im Dezember 2024 fanden gezielte finanzielle Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung Eingang in unsere Gesetze. Auch die Empfehlungen der FATF in Bezug auf die Adaptierung des österreichischen Sanktionengesetzes wurden erst im Februar 2025 umgesetzt. Plötzlich hatte es der Gesetzgeber eilig. Das unterstreicht auch die mit nur sechs Tagen extrem kurze Begutachtungsfrist.
Proliferation: Wie verhindern?
Was können Vermittler von Lebensversicherungen und deren Kunden eventuell zur Finanzierung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen beitragen? Wenig. Das hält auch die neue Nationale Risikoanalyse 2025, die am 14. Mai 2025 veröffentlicht wurde, fest: „Versicherungsprodukte dienen wesentlich der Absicherung von etwaigen fehlenden Pensionsleistungen im Alter und eignen sich eher weniger für etwaige Kapitalbereitstellungen zur Proliferationsfinanzierung.“ Die Gesamtrisiko wird als niedrig bewertet.
Zudem sind gezielte finanzielle Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung gemäß EU-Rechtsakten nur in Bezug auf Nordkorea und dem Iran relevant. Ganz links liegen lassen sollten Verpflichtete dieses Thema aber trotzdem nicht. Ratsam ist, darauf in der unternehmensbezogenen Risikoanalyse zumindest dahingehend einzugehen, dass es im Kundenstamm (idealerweise) keine Kunden gibt, die irgendeinen Bezug zu Nordkorea und/oder dem Iran haben und Geschäftsbeziehungen mit solchen Kunden nicht begründet bzw. beendet werden. Denn genau danach könnten neuerdings auch die Gewerbeaufsichtsbehörden fragen.
Neue Risikoerhebungsbögen
Die bekannten, standardisierten Risikoerhebungsbögen im Unternehmensserviceportal USP werden wohl entsprechend angepasst (werden müssen, um den FATF-Anforderungen zu entsprechen). Wann das der Fall sein wird, ist aktuell nicht absehbar. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Risiko der Nichtumsetzung und Umgehung gezielter finanzieller Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung bereits seit 14. Dezember 2024 in der unternehmens- und kundenbezogenen Risikoanalyse zu berücksichtigen ist.
Dieser Beitrag ist im Magazin für den österreichischen Finanzdienstleister „Geld & Rat“, Juli 2025, erschienen.
