
Retail Investment Strategy bringt viel, nur keine Vereinfachungen
Vor wenigen Tagen hat sich der europäische Gesetzgeber – nach zweieinhalb Jahren intensiver Diskussion – auf die Eckpunkte der EU-Kleinanlegerstrategie (Retail Investment Strategy RIS) geeinigt. Ein vollständiges Verbot von Provisionen ist zwar nicht enthalten, Freude über die neuen Vorschriften herrscht aber trotzdem nicht.
Noch mehr von allem
Ziel der RIS ist es, Privat- bzw. Kleinanleger noch mehr zu schützen als dies bereits MiFID II und IDD tun. Die noch weiter zunehmende Bürokratie zu Lasten von Vertrieb und Anlegern konterkariert das zweite Ziel, nämlich den Zugang zu den Kapitalmärkten zu erleichtern. Die wachsende Regulatorik wird auch die Wettbewerbsfähigkeit der EU-Finanzmärkte nicht fördern (die „grüne“ Regulatorik lässt grüßen). Zufrieden mit den neuen Bestimmungen ist außer der Politik eigentlich niemand.
Verbot von Produkten mit (zu) hohen Kosten
Noch besserer Anlegerschutz soll durch noch mehr Transparenz bei Kosten und Nutzen von Finanzprodukte erreicht werden. Produktanbieter sollen nicht nur sämtliche mit einem Produkt verbundenen Kosten vollständig offenlegen, sondern auf Basis EU-weit definierter Standards auch bewerten, ob die Kosten angemessen sind für die angebotene Leistung. Produkte mit unverhältnismäßig hohen Kosten sollen vom Vertrieb ausgeschlossen werden. Diese Idee erinnert an staatliche Preisdeckel und erweckt den Eindruck sozialistischer Planwirtschaft.
Strengere Provisionsregeln
Provisionen bzw. Zuwendungen (Inducements) bleiben erlaubt, unterliegen aber verschärften Anforderungen hinsichtlich Transparenz- und Rechtfertigungspflichten. Finanzberater sollen unzweifelhaft darlegen, welchen konkreten Mehrwert die erhaltene Provision für den Kunden hat. Weiters sind alle Provisionsbestandteile separat auszuweisen. Auf nationaler Ebene können EU-Mitgliedstaaten übrigens dennoch ein Provisionsverbot einzuführen.
Neue Geeignetheitsbeurteilung
Die Beurteilung der Geeignetheit im Rahmen der Anlageberatung wird nicht umfangreicher, aber anders. Beim Empfehlen nicht-komplexer, kostengünstiger und breit diversifizierter Finanzinstrumente (wie z.B. Fonds mit angemessenen Kosten) soll die Abfrage der Kenntnisse und Erfahrungen der Kunden entfallen. Dass ein paar Kreuzerln weniger tatsächlich den Zugang zu einfacheren Anlageprodukten verbessern, glauben allerdings nur gänzlich Unbedarfte.

