
Ausschluss von Rüstung & Waffen aus „grünen“ Investments wackelt
Im Sinne der ESG-Kriterien (Umwelt, Gesellschaft und gute Unternehmensführung) gelten Investments in die Rüstungs- und Waffenindustrie als „socially harmful“ (deutsch: sozial schädlich) und sind daher kategorisch ausgeschlossen. Neben menschlichem Leid verursachen Panzer und Raketen auch massive Umweltschäden, und der Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur erzeugt enorme CO2-Emission. Doch anhaltende geopolitische Krisen und der neue Stellenwert von Verteidigungsfähigkeit führen zu einem Überdenken dieses Ausschlusses.
Dilemma der Finanzbranche
Hersteller von Waffen, Munition und Kriegsgeräten gelten bei der „grünen“ Kreditvergabe und Geldanlage (noch) als No-Go. Nicht nur die regulatorischen Vorgaben gemäß den ESG-Faktoren verhindern das Investment, auch die Reputation des Kapitalgebers leidet. Welcher Anleger vertraut sein Geld gerne Banken und Fondsmanagern an, die in Rheinmetall (Panzer), BAE Systems (Eurofighter) oder General Dynamics (Hubschrauber und Raketen) investieren? Nicht nur nachhaltig orientierte Investoren haben ethische Bedenken.

Doch Ukraine- und Gaza-Konflikt, russische Aggressionen und das mögliche Aus des US-amerikanischen Beitrags zur europäischen Sicherheit führen dazu, dass die Finanzierung der europäischen Rüstungsindustrie neu gedacht wird. Bereits Ende 2022 stellte die EU-Kommission fest, dass die Verteidigungsindustrie zur Sicherheit der europäischen Bürger beiträgt und daher Zugang zu Finanzmitteln auch aus dem privaten Sektor haben sollte.
Ausschluss wackelt
Ende April berichteten Branchenmedien, dass namhafte Asset Manager, wie der zur Deutschen Bank gehörende Vermögensverwalter DWS und Allianz Global Investors, Rüstungstitel in nachhaltigen Fonds und ETFs erlauben wollen. Dazu kommt, dass gerade diese Werte unter dem Gesichtspunkt der Performance attraktiv sind. Im aktuell schwierigen Börsenumfeld ist das ein gewichtiges Argument für viele Investoren und Asset Manager.
Kritik aus der ESG-Branche
Mitglieder des Forums Nachhaltige Geldanlagen FNG positionieren sich gegen die uneingeschränkte Aufnahme von Rüstungskonzernen aus aller Welt in nachhaltige Finanzprodukte. Die Notwendigkeit der Rüstungsfinanzierung begründe keine Nachhaltigkeit, meinen die unterzeichnenden Banken. Auch der österreichische Verein für Konsumenteninformation VKI, der im Auftrag des Klimaministeriums für das Umweltzeichen für Nachhaltige Finanzprodukte verantwortlich ist, hält am strikten Ausschluss von Waffen und Rüstung fest. Ein ESG-Siegel für Rüstungsaktien schließen beide aus.
Glaubwürdigkeit leidet
Ob es der Glaubwürdigkeit nachhaltiger Finanzströme und Finanzprodukte dient, wenn die Rüstungsindustrie als vereinbar mit den ESG-Kriterien angesehen wird, ist mehr als zweifelhaft. Das Spannungsfeld bleibt jedenfalls weiterhin bestehen, denn das Wiedererlangen der europäischen Verteidigungsfähigkeit wird sehr viel Geld kosten.
Dieser Beitrag ist erstmals im Börsen-Kurier Nr. 20 vom 15. Mai 2025 erschienen.
Als Prüfer für das Österrichische Umweltzeichen für Nachhaltige Finanzprodukte unterstütze ich Sie sehr gerne beim ESG-konformen Gestalten nachhaltiger Finanzprodukte!

