
VSME-Standards für kleine und mittlere Unternehmen werden adaptiert
Die weltpolitische und wirtschaftliche Realität holt den europäischen Grünen Deal mehr und mehr ein. Viele Pläne der EU-Kommission, die Europa 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen sollen und dazu insbesondere die Wirtschaft in die Pflicht nehmen, werden verschoben und vereinfacht. Eines der Leuchtturmprojekte – die Nachhaltigkeitsberichterstattung – wird aktuell neu erdacht.
Grüne Berichtspflichten
Große Unternehmen, wie Banken und Börsennotierte, sollten bereits auf Basis der ESRS (European Sustainability Reporting Standards) nachhaltig berichten. Dazu fehlt aber noch die nationale Umsetzung der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive). Das hätte bereits bis 6. Juli 2024 (!) geschehen sollen. Die bereits laufende Umsetzung wurde gestoppt, weil die CSRD auf EU-Ebene überarbeitet bzw. vereinfacht wird.
In der Hoffnung, dass auch Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen freiwillig über nachhaltige Aspekte ihrer Geschäftstätigkeiten berichten, entwickelte die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group), ein Beratergremium der Kommission, einen abgespeckten Berichtsstandard. Dieser VSME-Standard (Voluntary Sustainability Reporting Standard) bietet einen einfacheren Rahmen für nicht börsennotierte KMU zur Berichterstattung über nachhaltigkeitsbezogene Informationen.
Nachhaltige Ziele des VSME
Der VSME-Standard soll KMU dabei unterstützen, jene Informationen bereitzustellen, die von großen Unternehmen, beispielsweise deren Kunden, eingefordert werden, damit diese ihre (ESRS-)Berichtspflichten erfüllen können. Banken und Investoren sollen auf die VSME-Informationen zurückgreifen können, um die Attraktivität am Kapitalmarkt zu verbessern. Ziel ist es auch, KMU dazu zu helfen, ökologische und soziale Herausforderungen besser zu bewältigen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Nicht ganz ohne Komplexität
Der VSME-Standard gliedert sich in zwei Module: Das Basismodul richtet sich an Kleinstunternehmen (KMU mit weniger als 10 Beschäftigten). Dieses Modul umfasst 11 Angaben und konzentriert sich auf die wichtigsten Nachhaltigkeitsindikatoren, die von den großen Unternehmen in der Wertschöpfungskette am häufigsten verlangt werden. Es enthält zentrale Angaben zu Treibhausgasemissionen (Scope 1 und 2), Umweltkennzahlen der eigenen Belegschaft und Korruptionsbekämpfung.
Das Zusatzmodul konzentriert sich auf 9 weitere Angaben, die häufig von Banken, Investoren und großen Unternehmen verlangt werden. Dieses Modul umfasst beispielsweise eine kurze Beschreibung der ESG-Praktiken oder zukünftigen Initiativen, Treibhausgasreduktionsziele und Übergangspläne, enthält aber im Gegensatz zu den ESRS keine Wesentlichkeitsanalyse. Der VSME-Standard ermöglicht es KMU nur das anzuwenden, was für ihre Geschäftstätigkeit relevant ist.
Finaler VSME in Diskussion
Die EFRAG plant einen Dialog mit EU-Entscheidungsträgern, Vertretern von KMU, Finanzakteuren und Nachhaltigkeitsexperten, in dem sie praktische Einblicke in die Umsetzung geben und Anwendungsfälle aus der Praxis hervorheben will. Die EU-Kommission kann derzeit nicht ausschließen, dass – auch im Hinblick auf die Überarbeitung der ESRS – noch bestimmte Änderungen erforderlich sein könnten. Wie (einfach) der VSME-Standard letztgültig ausgestaltet sein wird, bleibt also abzuwarten.
Dieser Beitrag ist erstmal im Börsen-Kurier Nr. 37 vom 11. September 2025 erschienen.
